Fahrlässige Freiheit

Schnell steigt uns die Schamesröte ins Gesicht, wenn wir uns zum Gespött gemacht haben, nachdem wir in kindlichem Vertrauen eine Nachricht mit privatem Inhalt versendet haben, von der plötzlich jeder wusste. Eine Sache, die man sich von Angesicht zu Angesicht aber nie zu sagen getraut hätte.

Was privat geschrieben wird, sollte privat bleiben (Foto: Jhaymesisphotography, flickr.com, CC-BY 2.0)
Was privat geschrieben wird, sollte privat bleiben (Foto: Jhaymesisphotography, flickr.com, CC-BY 2.0)

Denn wir wiegen uns in anonymer Sicherheit. Unser Sendemedium, das Smartphone oder der PC, senkt unsere Hemmschwelle, unüberlegte oder spontane Nachrichten zu senden. So von Display zu Display geht das auch viel leichter, denn die Kommunikation verläuft nicht unmittelbar: Ein Medium steht als Widerstand in der direkten Linie der Kommunikation. Ein Widerstand, der als Katalysator fungiert.

Doch wie sieht es aus, wenn unsere Gegenspieler nicht mehr nur Menschen aus unserem Umfeld, sondern gar Organisationen sind, die über viel mehr Macht verfügen? Wohl wissend, dass wir private Informationen nicht nur mit den von uns vorgesehenen Personen teilen, ist es uns egal, quasi vollüberwacht zu werden. Es würden schließlich Daten von so vielen Personen gelesen werden. Auf unsere Daten komme es da nicht an. Wir hätten ja nichts zu verbergen.
Ältere Generationen, Lehrer, Eltern, Politiker warnen uns: Wir sollen unsere Privatsphäre schützen. Sie sprechen aus Erfahrung, haben sie doch zum Teil die Verletzungen der Bürger- und Menschenrechte durch die Stasi miterlebt. Aber anscheinend kann unserem Verhalten nicht einmal die aktuelle NSA-Affäre etwas anhaben.

Sind wir kritisch genug?

Dabei wissen wir gar nicht, was im Ernstfall mit unseren Daten bewogen werden kann. Verkauft werden sie schon, aber abgesehen von Spam-Mails kriegen wir davon kaum etwas mit. Was jedoch, wenn wir, sollte es den Internetgiganten finanziell weniger gut gehen, erpresst und zum Rückkauf unserer intimen Daten gedrängt werden? Solche Vorstellungen erscheinen uns zum jetzigen Zeitpunkt absurd, paranoid, verschwörerisch. Vielleicht aber auch nur, weil wir keinen solchen Fall bisher erlebt haben. Die Schmähungen im eigenen Bekanntenkreis können höchstens einen kleinen Hinweis darauf geben, wie schmerzhaft die persönliche Konfrontation mit dieser Problematik werden kann.

Unsere Privatsphäre und den Schutz unserer Rechte nehmen wir als selbstverständlich hin, weil wir es in unserer Generation nicht anders kennen. Wir gehen naiv mit diesem schützenswerten Gut um, dessen Wert wir nicht begreifen können. So erfreulich die Tatsache ist, dass wir uns bisher keine Sorgen um unsere Freiheiten machen mussten, so gefährlich ist auch unsere Leichtgläubigkeit. Wir sind in die Medienwelt hineingeboren worden und müssen erst lernen, kritischer mit ihr umzugehen. Hoffen wir, dass das möglichst bald geschieht. Und dass der Preis dafür nicht allzu hoch ist.

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