Weg damit – doch wohin?

240 Millionen Tonnen Plastik werden weltweit jährlich produziert, ein Drittel davon für Verpackungen. Doch Recycling ist oft teuer – und nicht unbedingt gut fürs Klima.

Der Inhalt von Recycling-Tonnen ist in vielen Ländern unterschiedlich. Bild: Zaf (commons.wikipedia.org, CC-BY-NC 3.0)
Der Inhalt von Recycling-Tonnen ist in vielen Ländern unterschiedlich. Bild: Zaf (commons.wikipedia.org, CC-BY-NC 3.0)

Noch ist der Gelbe Sack leer, ein Bild davon hängt an einer grauen Pinnwand. Doch schon bald diskutieren knapp zwei Dutzend Schüler*innen, was reingeworfen werden darf und was nicht. Joghurtbecher natürlich, Dosen bestimmt auch, doch was ist mit Eimern und Kleiderbügeln? Die Deutschen sind Weltmeister im Mülltrennen, und doch herrscht Ratlosigkeit. Dr. Dirk Grünhoff, Referatsleiter im rheinland-pfälzischen Umweltministerium, will Aufklärung leisten.

Gegen die wachsenden Müllberge

Mit der Verpackungsordnung führte Deutschland im Jahr 1991 die Mülltrennung und ihr Markenzeichen, den Grünen Punkt, ein. Die Verordnung verpflichtet die Hersteller, die Kosten für das Recycling ihrer Verpackungen zu tragen. Über den Preis landen diese jedoch letztendlich beim Verbraucher. Seitdem recyceln die Deutschen fleißig: 96 Prozent geben an, ihren Müll zu trennen.

Bei Papier und Glas funktioniert dieses Prinzip gut, mehr als 80 Prozent des Mülls werden tatsächlich wiederverwendet. Problematisch sind Verpackungen aus Plastik und ähnlichen Materialien. „Wir entsorgen Kunststoffe im Gelben Sack, die da nicht reingehören“, sagt Grünhoff. Zahnbürsten etwa hätten darin nichts zu suchen. In Großstädten landet etwa die Hälfte des Mülls in der falschen Tonne. Die Sortierung von Kunststoffen ist aufwendig und teuer.

Recycling ist nicht gleich Recycling

Vorsicht ist daher beim Vokabular geboten. „Der Verwertung zugeführt“ bedeutet nicht, dass der Müll tatsächlich recycelt wird. Im Gegenteil, zwei Drittel des Gelben Sack-Mülls werden verbrannt, sprich der „energetischen Verwertung“ zugeführt, erklärt Grünhoff. Daraus entsteht dann Fernwärme und Strom. Dank neuer Technologien seien die Umweltauswirkungen heute kleiner, erklärt er. Laut Greenpeace ist beispielsweise die Dioxinbelastung seit den 1990ern stark gesunken. Müll hat zudem eine deutlich bessere Ökobilanz als Braunkohle und eignet sich als wertvoller Ersatzbrennstoff.

Abhilfe in all dem Recyclingswirrwarr könnte ein Wertstoffgesetz schaffen, das die Mülltrennung vereinfachen und anspruchsvolle Recyclingquoten festlegen soll. Doch Grünhoff räumt dem Gesetz nur geringe Chancen ein. Erst vor wenigen Wochen scheiterte ein Arbeitsentwurf des Bundesumweltministeriums bei einer internen Abstimmung. Strittig sind neben der Finanzierung des Gesetzes auch die Zuständigkeiten von Kommunen und Privatwirtschaft.

Eine müllfreie Zukunft?

Angesichts dieser Probleme fragen bei dem Workshop auch einige Schüler*innen, warum viele Länder nicht einfach ganz auf Verpackungen verzichten. Ein bekanntes Ärgernis etwa sind in Plastikfolie eingeschweißte (Bio-)Gurken. So einfach sei das nicht, erklärt Grünhoff, denn bei Lebensmitteln gebe es unter anderem Hygienerichtlinien, die eingehalten werden müssen. Auch Aspekte wie Transport und Lagerung spielen eine Rolle. Gurken bleiben in Folie verpackt zwei bis drei Tage länger frisch – und verschrumpeltes Obst und Gemüse lassen die Verbraucher*innen erfahrungsgemäß in den Regalen liegen.

Besser als Mülltrennung sei natürlich, Müll zu vermeiden, erklärt Grünhoff. Das hat seinen Preis: „Wir müssen bereit sein, mehr Geld zu zahlen.“ Mehrwegflaschen seien sinnvoll, und seit einer Weile eröffnen in vielen deutschen Städten „Unverpackt“-Läden, die lose Produkte anbieten. Grünhoff fordert darüber hinaus ein Umdenken bei Lebensmitteln. Nicht jeder Joghurt werde sofort schlecht: „Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Verfallsdatum.“ In Sachen Müll geht es also um weit mehr als nur Verpackungen. Bewusster Konsum zieht sich durch alle Lebensbereiche.

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