Wie wollen wir in Zukunft in Dörfern und Kleinstädten leben?

„Und wenn dann mal was los ist, dann ist ein Haus abgebrannt.“ Wie ist es für Jugendliche auf dem Land zu leben? Ein Einblick in Erfahrungen und Wünschen der Teilnehmenden des Jugendforums Stadtentwicklung im November 2016.

Foto: Jonas Walzberg
Foto: Jonas Walzberg

Was sind Vorteile, was Schwachstellen am Leben in dem Ort, aus dem du kommst? Wie schätzt du die Zukunftsaussichten ein? Was gibt es bereits und was wünschst du dir? Fragen, die die Teilnehmenden seit dem ersten Tag des Workshops beschäftigen und auf ihre Herkunftsorte blicken lässt.
Diese Orte kennen sie gut und aus dieser Expertise heraus diskutieren sie und erarbeiten Lösungsansätze und Utopien.

Der Ist-Zustand

„Höchstens einmal im Jahr gibt es ein Fest im Kurpark oder im Schützenverein“, berichtet ein Teilnehmer. Ein anderer ergänzt: „Und wenn dann mal was los ist, dann ist ein Haus abgebrannt.“
Es zeigt sich in den Diskussionen: Die schlechte Infrastruktur macht das Leben auf dem Land für viele unattraktiv. Ohne Auto sind die Jugendlichen auf den Fahrdienst der Eltern angewiesen, das langsame WLAN macht die Vorstellung auf dem Land zu arbeiten für viele undenkbar. Der demographische Wandel und die daraus folgende Überalterung der Bevölkerung sowie der Wegzug junger Menschen in größere Städte hinterlassen leer stehende Gebäude auf dem Land. Meist gibt es Vereinsstrukturen bestehend aus Schützenverein, Sportvereinen oder die Freiwilliger Feuerwehr – doch von wenigen dieser Vereine fühlen sich die Jugendlichen explizit angesprochen.
Andererseits werden die zwischenmenschlichen Beziehungen und die Nähe zur Natur sehr positiv bewertet. Es entsteht das Bild der Landidylle, wenn die Jugendlichen von der Umgebung mit Feldern, Seen, Wäldern oder dem Meer erzählen. Alle kennen sich, der Zusammenhalt in der Nachbarschaft wird immer wieder beschrieben. Als positiv wahrgenommene Initiativen der Herkunftsstädte werden diskutiert und in die eigenen Ideen aufgenommen.

Die Utopie der Kleinstadt

Der Wunsch nach einer belebten Kleinstadt mit unterschiedlichen Freizeitangeboten, Geschäften und Bars wird schnell deutlich. Eine Disko braucht es und einen Ort, an dem man sich treffen kann. Der Zusammenhalt von Jung und Alt solle durch belebte Orte für alle gestärkt werden, fordern die Jugendlichen. Das Stadtbild, geprägt durch grüne Freiflächen, soll sowohl für Bewohnende als auch für den Tourismus attraktiv sein. Gemeinsam sollen die Freiflächen gestaltet werden, die Stadt Andernach inspirierte mit der Idee auf Stadtflächen nur essbare Pflanzen anzubauen. Die Zusammenarbeit von Stadt und Bürgerinnen und Bürgern sollte transparent sein, beide Sphären sollten sich gegenseitig bereichern. Eine ausgebaute Infrastruktur, ausreichend Arbeitsplätze sowie gute Bildungsmöglichkeiten machen die Stadt zu einem attraktivem Standort. Die hohe Lebensqualität zeigt sich in der Motivation der Bewohnenden, selbst aktiv Projekte zu starten.

Zur Umsetzung dieser Vorstellungen werden jeweils konkrete Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen. Aus den Erfahrungen der Teilnehmenden zeigt sich auch, dass Jugendlichen selten ausreichend Gehör geschenkt wird und sie sich mit ihren Ideen und Vorschlägen nicht ernst genommen fühlen. So bleibt bei vielen das Gefühl, dass ihre Wünsche erstmal eine ungehörte Utopie bleiben. Ob das nach der Präsentation im Ministerium auch noch so ist, wird sich zeigen.

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