“Lügenpresse“-Vorwurf selbstverschuldet

Das Internet hat große Auswirkungen auf die Medienwelt – leider nicht nur positive. Tatjana Tiefenthal hat darüber mit dem Journalisten Enno Lenze geprochen.

„Wenn man Journalistinnen und Journalisten auf ihre Fehler hinweist, ist die Reaktion oft einfaches Desinteresse“. Dies ist die Erfahrung des Unternehmers und Kriegsberichterstatters Enno Lenze, der sich mit Problemen innerhalb der Medienlandschaft auseinandersetzt.

Heutzutage spaltet sich eine Zeitung oftmals in die Formate Online und Print. Dies sind zwei völlig verschiedene Welten, die von den Leserinnen und Lesern jedoch häufig nicht unterschieden werden. Enno Lenze spricht von einem internen Konkurrenzkampf. Der Druck, alle Themen abzudecken, stehe über der Qualität. Mit dem vorhandenen Budget könnten eigentlich nicht alle Themen behandelt werden. Daher würden Informationen an einigen Stellen nicht überprüft, sondern nur von anderen Medien übernommen.

Des Weiteren könnten durch die meist kostenlosen Online-Angebote die hohen Recherche-Kosten nicht mehr getragen werden. Im Konkurrenzkampf laute die Frage nicht mehr wie bisher „Wer bekommt die Story?“, sondern „Kann ich sie mir leisten?“ Dies habe vor allem Auswirkungen auf die freien Journalisten und Journalistinnen. Aus Sorge, auf den Kosten sitzen zu bleiben, fielen teure Recherchen, beispielsweise im Ausland, weg und müssten den gut verkäuflichen und rentablen Artikeln weichen.

Der fehlende Faktencheck aufgrund des Konkurrenzkampfes könne zu Fehlern in der Berichterstattung führen, die meist nicht bemerkt würden. Enno Lenze berichtet aus seiner eigenen Erfahrung, dass von ihm an die Redaktionen gemeldete Fehler in 90 Prozent der Fälle nicht korrigiert würden, da diese keine Konsequenzen nach sich zögen. Der Vorwurf der „Lügenpresse“ ist daher für Lenze selbstverschuldet. Er bedauert: „Die Medien sehen sich nicht mehr als vierte Gewalt.“ Stattdessen schrieben sie voneinander ab – ohne sorgfältig zu prüfen. Seine Forderung: Journalistinnen und Journalisten müssen wieder mehr vor Ort sein.

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